Im letzten Blogbeitrag haben wir euch die Millenium-Version des AL!SE-Frameworks vorgestellt: eine semantische Entwicklungsbasis für smarte Softwarelösungen und automatisierte Datenprozesse. Wer das versäumt hat oder sich genauer einlesen mag, findet alle wichtigen Infos nochmals gesammelt unter diesem Link.
Ergänzend dazu besprechen wir heute einen essenziellen Aspekt, um die Entwicklungsbasis in der Praxis des Programmierens auch optimal nutzen zu können: nämlich die semantische Ontologie. Die Ontologie beschreibt die grundlegende Struktur eines semantischen Datenmodells. Als funktionales Gerüst definiert die Ontologie die Grenzen und Möglichkeiten der konkreten Datenhandhabung. Sie legt die „grammatikalischen“ Gesetze fest, innerhalb derer sich Daten zu aussagekräftigen Informationen formieren können. Was das genau bedeutet und wie ihr selbst die Ontologie in eurer Datenbasis flexibel für eure Ziele und Zwecke anpassen könnt, erfahrt ihr nun im Folgenden.
Ursprünge der Ontologie
Der Begriff Ontologie entstammt ursprünglich der antiken Philosophie und beschäftigt sich mit den elementaren Grundstrukturen der Wirklichkeit. Die philosophische Ontologie versucht Fragen des Seins zu klären, indem sie eine Systematik grundlegender Entitäten und deren Beziehungen zueinander diskutiert. Entitäten stellen Elemente des Seienden/des Wirklichen dar; sie können Personen und Gegenstände bezeichnen, aber auch Attribute und Prozesse. Entscheidend für Entitäten ist, dass sie abgrenzbar und identifizierbar sind sowie in Beziehung zu anderen gesetzt werden können. Entitäten stellen die Seins-Bausteine der für den Menschen wahrnehmbaren Wirklichkeit dar: eine Basis der Erkenntnis und Kommunikation. Der in der Informatik verwendete Ontologie-Begriff referiert auf diese grundlegenden ontologischen Funktionen und transferiert deren erkenntnistheoretische Ansprüche und Mechanismen in den Bereich des digitalen Datenmanagements.
Ontologie in der Informatik
Analog zur ontologischen Wirklichkeitsstruktur in der Philosophie zielt die ontologische Informatik darauf ab, Datenmengen zum Zwecke der Wahrnehmung, Erkenntnis und Kommunikation systematisch zu strukturieren. Die Methoden sind in beiden Bereichen jeweils dieselben: Definition, Ordnen und Verknüpfung von Entitäten. Während die Philosophie dazu sprachliche Muster verwendet, werden Entitäten in semantischen Modellen mit Hilfe von Metadaten wie Klasse, Kategorie und Attribut gebildet und fungieren als bedeutungsvolle Fixpunkte zur Lokalisierung und Gruppierung von Daten. Wenn wir uns dazu beispielsweise eine Entität der Klasse Maschine, der Unterklasse maschinelles Fortbewegungsmittel, der Kategorie Verbrennungsmotor vorstellen und dieser Entität die Attribute vierrädrig, rot und gebraucht zuschreiben, so nähern wir uns allmählich der durch Daten definierten Vorstellung meines Pkws. Generell gilt: Je mehr Metadaten die Entität beschreiben, desto konkreter wird sie. Indem die Entität somit greifbar/eindeutig identifizierbar wird, können unserer beispielhaften Entität des Autos nun verschiedenste Daten wie Abgasmessung, Preislisten, Vorbesitzer, aber auch Werbeclips des Herstellers, demografische Fahrerstatistiken usw. zugeschrieben werden. Unterschiedlichste Daten können somit unabhängig ihrer Art, ihres Formats, ihrer Herkunft logisch miteinander verknüpft werden: indem sie systematisch einer (oder mehreren) ontologischen Entität(en) als bedeutungsvollem Referenzpunkt zugeordnet werden.
Die Vorteile einer Ontologie
Verknüpfung funktioniert in einem semantischen Datenmodell aber nicht nur im Zuge der ontologischen Definition und Zuschreibung von Daten und Metadaten, sondern auch als definierte Relation zwischen unterschiedlichen Entitäten. Nehmen wir das Beispiel des beschriebenen Gebrauchtwagens und ergänzen dies um eine weitere Entität, die meine Person beschreibt (Alter, Geschlecht, Beruf, Größe, Gewicht etc.). Diese zwei Entitäten können zielgerichtet in Beziehung zueinander gesetzt werden: etwa Entität 1 (=Ich) steuere (=Verknüpfung) die Entität 2 (=Auto); zielgerichtet, da die Art der Verknüpfung nur in eine Richtung funktioniert. Also: Ich → Auto, aber nicht Auto → Ich.
Durch die gezielte Verknüpfung von Entitäten entsteht so aus ungeordneten Daten ein semantisch angereichtes Netzwerk aus einheitlich formulierten und damit auch verständlich vermittelbaren Informationen und Aussagen, deren Summe den Bedeutungsgehalt der das Modell umfassenden Daten beschreibt. Des Weiteren erlaubt die wohldefinierte Identifikation von Entitäten durch die autarke Bedeutungsreferenz auch eine Überwindung von voneinander getrennten Informationssystemen – sofern natürlich die ontologische Struktur in den unterschiedlichen Informationssystemen dieselbe ist. Die ontologische Informatik verwirklicht somit bei digitalen Daten die systemischen Eigenschaften, die bereits die Philosophie im Umgang mit der Wirklichkeit erstrebte: Definition, Erkenntnis und Kommunikation von Wirklichkeit bzw. von Daten dieser Wirklichkeit. Der Begriff Ontologie bezeichnet also eine funktionale Struktur, die eben dies ermöglicht und so in weiterer Folge festlegt, welche Daten in der praktischen Anwendung eindeutig identifiziert, sinnvoll verarbeitet und verständlich ausgetauscht werden können.
Anwendung variabler Ontologien
Neben der Funktionalität von Ontologien ist ein großer Vorteil bei der Verwendung ihre Flexibilität. Ontologien lassen sich leicht und sehr schnell auf die jeweiligen strukturellen Erfordernisse der zu beschreibenden Datenmenge anpassen. Aufbauend auf der Grundstruktur lassen sich einfach neue Klassen, Kategorien etc. hinzufügen und ebenso neue Verknüpfungen zwischen den dadurch entstehenden Entitäten etablieren.
Für eure Programmierung bedeutet dies, dass ihr mit Hilfe von OWL-Dateien das AL!SE-Framework frei nach euren Vorstellungen individuell gestalten könnt. Das Framework passt sich durch Modellierung der Ontologie punktgenau an eure Anforderungen an. Detaillierte Anweisungen zur Modellierung einer benutzerdefinierten Ontologie samt Fallbeispiel findet ihr ab Dezember auf unserer Website ODER aber ihr lasst uns bereits jetzt per Kontaktformular eine kurze Nachricht zukommen und wir schicken euch schon vorab eine genaue Anleitung. Damit eurem semantischen Innovieren nichts mehr im Wege steht!
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